Donnerstag, 22. September 2011

Ein Einordnungsversuch

Ich schreibe diesen Beitrag in ziemlicher Ratlosigkeit die aktuelle Situation betreffend. Einen Tag nach dem bitteren Aus im Carling Cup (im Elfmeterschießen) gegen Chelsea stehe ich nicht davor, die Systemfrage zu stellen - ich frage vielmehr: Gibt es ein System? Gibt es eine Verbesserung seit unserer letzten Verlängerung, dem Europa League-Finale im Mai 2010, hat man in irgendeiner Form Profit aus dem Höhepunkt gezogen?

Natürlich, vor allem unter Mark Hughes ging es spielerisch wirklich stark nach vorne, im wahrsten Sinne des Wortes. Nachdem man unter Hodgson eher defensiv ausgerichtet war, wollte Hughes seinerzeit mehr Offensivfußball sehen. Und das hat auch geklappt. Allerdings: Seitdem Louis Saha den Klub 2004 verlassen hat, mangelt es an einem Torjäger, einem Vollstrecker. Das ist nach wie vor das Hauptproblem des Teams. Bobby Zamora ist hier nicht die Lösung. Auch er ist mehr ein Vorbereiter, ein Ableger, ein Turm in der Schlacht. Aber von Haus aus kein Torjäger. Seit Saha's Abgang haben sich zahlreiche Stürmer versucht: Collins John, Brian McBride, Andy Johnson, Diomansy Kamara, um nur einige zu nennen. Einige waren erfolgreich, einige wurden zu Legenden der neueren Vereinsgeschichte. Doch echte Torjäger waren sie alle nicht. Vielleicht wäre Gignac dieser Spieler gewesen. Das wird man (noch) nicht sagen können.

Dejected - Fulham (Getty Images)
Hier hat Martin Jol ein echtes Problem, das ihm auch aktuell zu schaffen macht. Der finale Ball fehlte bis dato auch, also der Vorlagengeber. Gegen Chelsea hat Bryan Ruiz gestern jedoch einige Pässe mit potentieller Torfolge gespielt. Leider war der gestern debütierende Orlando Sa nicht in der Lage, diese Pässe zu nutzen. So endete das Spiel nach 120 Minuten trotz eines frühen Platzverweises für Alex 0-0. Dembele und Ruiz (ausgerechnet!) versiebten kläglich, Lampard verschoss für Chelsea. Und letztendlich war es wie immer.

Das kleine, nette Fulham kommt zu Gast, spielt schön, spielt gut, ist gefährlich, überrascht - und verliert. Langsam kann ich's nicht mehr hören, seit Jahren ist es das Gleiche. Und am Ende kann man nicht mal sagen: "Ja, verdient verloren, scheiße gespielt."
Sondern es heißt: "Verdammt. Das hätte man eigentlich gewinnen können, bei den Chancen."

Ärgerlich ist das, auf Dauer frustrierend. Und seit Jahren versäumt man es, einen Vollstrecker zu holen. Mir ist zwar klar, dass die nicht auf Bäumen wachsen, aber nur mit Dembeles kommt man nicht weiter.

Überhaupt Dembele. Das ist eine ganz schwierige Personalie. Ein toller Spieler. Aber für einen Offensivspieler unglaublich torungefährlich. Er muss lernen, dass man häufiger mal abpasst. Andererseits muss er aber auch lernen, öfter mal den Abschluss zu suchen. Er verdribbelt sich zu oft und verliert dann den Ball. Und man weiß nicht, wo man ihn denn einsetzen soll. Für einen Stürmer schießt er zu wenig Tore, für einen Mittelfeldspieler setzt er zu wenig Akzente.
Moussa Dembele (Getty Images)


Dembele ist ein interessanter Spieler, ein exzellenter Techniker und Dribbler. Aber er trägt zur Problematik bei. Und das muss man ihm auch mal klarmachen. Er sollte seine Stärken endlich mal nutzen, statt ständig kopflos in eine Wand aus Gegenspielern zu laufen.

Insgesamt muss man effektiver werden. Gegen Chelsea hatte man gefühlte fünf Hundertprozentige. Keine konnte man nutzen. Ja, der neue Stürmer Orlando Sa braucht noch Zeit. Aber irgendwo kann das ja auch nicht angehen, dass man seine Chancen so inkonsequent verstreichen lässt. Sowas wird dann irgendwann bestraft - und es wurde bestraft von Chelsea.

Chris Baird (r.) (Getty Images)
Drei, vier Lichtblicke gibt es aber trotzdem - darunter unter anderem die Neuzugänge Pajtim Kasami, Orlando Sa und Marcel Gecov. Gecov spielte gegen Chelsea zum allerersten Mal für Fulham, und machte seine Sache gegen Lampard, Malouda & Co. wirklich ausgezeichnet. Sehr sicher, souverän - technisch mit dem einen oder anderen kleinen Problem, insgesamt aber wirklich solide neben dem erstmals in dieser Saison im Mittelfeld aufgebotenen Chris Baird. Das ist meiner Meinung nach übrigens Bairdinho's beste Position. Hier kann er seine Passstärke ausspielen - einmalig diese 40 Meter-Pässe auf den Fuß des Mitspielers, das hab ich sonst nur von echten Weltklassespielern gesehen. Von einem Chris Baird erwartet man das vielleicht nicht unbedingt, doch er hat schon vorher gezeigt, dass er dazu absolut fähig ist.

Orlando Sa (r.) (Getty Images)
Orlando Sa hat wohl alle überrascht. Er startete auch zum ersten Mal für das Team und deckte so manche Schwäche in der Defensive der Blues auf. Er wirkte noch etwas vollschlank, aber das kann man sicher verstehen. Von der Fitness her ist da sicher noch Nachholbedarf. Aber insgesamt ließ sich das ganz gut an, da erwarte ich noch einiges.

Kerim Frei (r.) (Getty Images)
Ebenso vom erst 17(!!!)-jährigen Kerim Frei. Der spielte die vollen 120 Minuten und ließ den erfahrenen Portugiesen Paulo Ferreira wahrlich alt aussehen. Dribbelstark, aber im Gegensatz zu Mousa Dembele scheint er auch ein Ziel zu haben. Sein Landsmann Pajtim Kasami war ähnlich stark - allerdings versiebte er einen Foulelfmeter, den Frei gegen den daraufhin ausgeschlossenen Alex rausgeholt hatte.

Insgesamt eine Menge Silberstreifen, wären da nicht diese (meiner Meinung nach schwer zu überwindenden) Probleme.

Am Sonntag geht es gegen Roy Hodgson's West Bromwich. Die stehen in der Liga noch zwei Plätze hinter Fulham. Jol's Team steht auf 18, WBA gar nur auf der 20. Manche würden das als Abstiegskampf bezeichnen.

In diesem Sinne,
Mr Fulham

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